Erinnerungen

Helio

das erste mal sah ich dich auf einer Tanzveranstaltung deiner mutter in x-berg.
rote haare, irgendwie eine Art rotgoldene Aura
sasst du da in den stuhlreihen und ich erinnere mich an so was wie – du nahmst mir meine schwere Tasche ab und hast drauf aufgepasst, während Ronda durch die Reihen tollte – danach sass sie auch neben dir und Gil. und ich fand die zentrierte Art in dir zu ruhen toll – deine freunde, interessante junge Leute – um dich herum fand ich auch toll. das hat Freude gemacht euch zu sehen, visionäre einer neuen Art.
dann wieder sahen wir uns auf dem wagenplatz.
keine Worte zwischen uns.
ich sprach damals noch nicht viel. Artisten Kind in einer anderen Welt – so fühlte ich mich 🙂
doch das hast du mir nicht als problematisch vermittelt.
wir fanden schon eine Art der Kommunikation – die Kinder. „meine“ Kinder.
wie bald du mir erzähltest, dass du auf jeden fall auch mal welche haben möchtest. und dabei strahlten deine augen. und meistens hattest du dann auch schon Taiga an Dir hängen – sich drehend, Rolle vorwärts – rückwärts.
oder wie ein Flummi an Deinen Händen hüpfend.
in Bewegung sein – dass war Dir zu eigen. und da konntest Du andere anstecken. Ihnen Deine Techniken zeigen. sowieso Techniken zeigen – das habe ich oft erlebt. ganz einfache Worte, Handlungen zum Vor- und Nachmachen. Und dann geht das schon.
Helios in seinem Bauwagen – Helio im Bauwagen seiner Mutter Iris.
Helios mit seinem Bmx-Bike. Mit seinem besten Freund aus Leipzig, unterwegs in die Stadt, Billardspielen, Kickern. mit den Linken. den besten Kumpels.
Helios beim Vordach für seinen Wagen bauen… stundenlang sägen, in sich selbst versunken, hämmern, Stück für Stück wächst das Dach.
doch dann… Helios kommt einige Tage nicht aus seinem Bau. Nur der Geschirrberg neben der Spüle wächst… Schokopudding, Grießbrei, Ovomaltine.
In diesen Zeiten gibt es kein Erreichen. Ein Hallo dringt durch, Du hörst es immer, doch die Innenschau ist grösser, oder was da in Dir vorgeht.
Joints kiffen wir ab und zu gemeinsam. Das dann abends, wenn die Kinder schlafen – denn dazu hältst Du mich an und das finde ich toll und erstrebenswert, will ich doch damals sowieso endlich bewusster mit diesem Rauch-zeug umgehen.
Manchmal ist Lutz dabei. Ihr beide versteht Euch, steht da, unter den Sternen, Du hörst ihm zu, lachst mit ihm, über Fussball, Fahrräder, Lebens-Sichten. Da bist Du keine 19, Du bist sowieso Licht-Jahre alt – Alter ist nur eine Zahl, sag ich doch…
Dieser 52-Jährige Mann der so abgeschottet lebt, beginnt sich auf Dich zu freuen, auf den Austausch mit Dir, das gemeinsame Lachen und Fachsimpeln.
Du gibst mir kritische Impulse bezüglich seiner Art mit Kindern umzugehen. Deutest, was Du siehst – einen Mann, der sich den Abgründen, seiner Depression hingibt. Vergleichst ihn mit Deinem Vater und verdammst seine Haltung, nicht für seine Kinder da zu sein, sondern sie anstatt dessen nur zu belehren.
Da bist Du kein Teenager, da bist Du weiser weitsichtiger Junger Mann.
Manchmal erscheinst Du mir wie einer von denen aus Atlantis – so wie ich sie mir vorstelle… 🙂 – manchmal wirklich wie ein junger Sonnengott.
wenn Du nur mit Hose über den Garten wandelst, Dir Deiner Schönheit bewusst bist und damit glitzernd spielst. Wenn Deine Jugendliche Erotik überschwappt, manchmal auch in einer ganz feinen respektvollen Weise mir gegenüber 🙂
Wenn eine Freundin Dich besucht. Deine Haltung gegenüber den Freundinnen, voller Achtung, vorausschauend, behutsam.
und dann wieder – voller Kritik, Wertung „sie macht so viele Fehler, sie macht das nicht richtig….“
Nee, mit der Du laufen gehst. Mit der ich Dich sehe und denke: die beiden kannten sich auch schon vor langer Zeit…
Gil, die sich im Liegestuhl sonnt. auch nicht viel redet, was mir angenehmer Trost ist. Da ich mich dann nicht so alleine mit meiner Einsilbigkeit fühle….
Helios unter der Gartendusche. Der morgens reinkommt und Kaffee macht…
Helios ich vermisse Dich jetzt- wo ich mich erinnere wie un-greifbar Du oft warst und wie Du jetzt un-greifbar in der anderen Welt weilst.

Doch letzthin war ich in der Geschenkeboutique in Pankow und da warst auf einmal Du. Du hattest eine andere Gestalt, doch du rochst und bewegtest Dich wie Du. Wir sprachen nicht mit Worten aber Du vermitteltest mir, wie schön es sei mich zu sehen und versichertest mir einmal mehr, dass es Dir gut geht da wo Du jetzt bist, dass Du aber manchmal zum Teil noch hier hängst, weil so viele Dich herbeisehnen, an Dich denken – so ist das eben wenn die Seele noch nicht so lange weg ist von dieser Welt – so oder so ähnlich meintest Du… 🙂

ich traute meiner Wahrnehmung, denn jeder andere denkt vielleicht sofort: die ist doch verrückt – die ist verrückt und freut sich über solche Momente. nicht all-tägliche.

Im Alltag warst Du mir so oft Stütze.
Immer mit der Ansage: wenn es geht, ich Raum und Zeit habe, dann kann ich Dich und Deine Töchter unterstützen.
Dann zogst Du einfach los, ich winkte Euch nur noch hinterher und hatte dann Zeit für mich und was auch immer.
Ronda und Taiga mit Rucksack, den sie selber trugen, Taiga auf Deinem Rücken aber immer öfter an der Hand, denn bei Dir lief sie dann auf einmal ganz von selber 🙂
Eure Ziele: Schwimmbad, Mauerpark, Kinderbauernhof…
Es war immer toll für die Mädels. Und ich sah Dich im Geiste schon mit Deinen eigenen Kindern.
Ich glaube, manchmal hast Du sie auch schon vor Dir gesehen….
Ich habe noch nie jemanden getroffen, der sich so dermassen auf die eigenen Kinder die da noch kommen würden gefreut hat.
Nicht mal „erwachsene“ Männer, die Familienplanung betreiben… 🙂

Kochen mit Helios – oft Süssspeisen, Eierkuchen für und mit den Mädels, ganz viel Zucker & Zimt, Griessbrei
Ich vermisse Dich!
werde mir beim Schreiben so bewusst.
Eine vermisst erst dann jemanden so richtig, wenn er nicht mehr zurück kommt…
und ich weine. endlich nach einem Jahr…
über deinen Weg-Gang.
Weiss noch, wie ich in Buch im Bett sass…. wollte nicht mehr, hatte keine Kraft mehr, alles war traurig und ausgebrannt in mir….
da schrieb Claudi die SMS…
sofort brannte die Kerze an meinem Bett und in mir kramte ich, ob da nicht vielleicht mehr Gefühl war zu dem was passiert war… doch es kam nicht durch.
du warst tôt. selbst gemacht. das war klar.
mehr konnte ich nicht checken, wollte ich nicht checken…
mehr war zuviel.
hatte selber zuviel Baustellen damals.
die sich auch für dich als zuviel herausstellten. was ich wusste und klarstellte.
du kamst immer weniger zu uns doch das lag nicht an dem kram von mir – das versichertest Du mir auch – du bekamst die Dinge nur nicht mehr auf die Reihe….
Verabredungen, Beteuerungen, auf die Mädels aufzupassen als Ausgleich dafür, dass Du uns mal wieder versetzt hattest – ohne Meldung, ohne Anruf – Hände aus….
kam dann zu Dir um nach dem Rechten zu sehen – rote Augen, Zombie-Moves, warst Du da schon ein Stück weg von der Welt? gab es da schon den Plan zu gehen.
Du warst ehrlich, sagtest mir, Du möchtest nicht bekifft auf die beiden aufpassen, hast soviel zu sortieren.
und dann warst Du weg….
Marc sass am Computer, in seinem Wagen – da hab ich Dich das letzte Mal live und in Farbe gesehen. und Deine Augen waren so rot. nur vom Kiff?

Du fehlst und Du bereicherst… denn Du warst hier. auf dieser Welt.
und ich danke Dir für unsere Begegnung.
Du hast soviel erlebt, Du kannst anderen jetzt helfen, Rebekka.
hast Du oft zu mir gesagt, und mich ermutigst an mich zu glauben und mir versichert, dass ich es gut mache, als Frau, als Mutter. Mit meinem Wachstum.
Ich habe Dir nicht geglaubt. Jetzt haben sich Kreise geschlossen.
ich feiere mich, bin angekommen auf der Welt und winke Dir herüber in die Deine und sehe: Du winkst zurück.
Leb wohl, Sonnenkind.