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Liebe Iris,
danke für deine Worte und deinen Mut, dich zu melden. Die Mail ist sehr schön und sehr berührend. Ich glaube, dass keine, die so was nicht erlebt hat, nachvollziehen kann, was der selbst gewählte Tod eines Kindes mit der Mutter macht. Aber von dem, was ich mittlerweile aus meinem Umfeld übers Sterben weiß, mag ich dir sagen, dass ich in etwa eine Ahnung habe von der Schwere, die so eine Trauer entwickeln kann. Ich habe den Eindruck, dass wir alle (hier in dieser Kultur) nicht wirklich wissen, wie Trauer geht. Es gibt keine tragenden Felder, keine wirksamen Zeremonien.
Ich kann es gut nachvollziehen, dass du dich so sehr mit Selbstmord beschäftigst und es schwer zu ertragen ist, nicht wirklich zu begreifen, warum einer plötzlich auf diese Weise geht.
Mir fallen ein paar Fragen ein, die ich dir jetzt einfach stelle. Es geht mir nicht darum, dass du MIR darauf antwortest, sondern eher dir selbst. Vielleicht bringen sie dir die eine oder andere Spur. (Falls nicht: einfach „durchrauschen“ lassen ;-)
wenn du so sehr in diesen Stoffwechsel eingetaucht bist, der dazu führen kann dass du – so wie dein Sohn – deinem Leben ein Ende setzen könntest: hast du den Eindruck, dass es überwiegend du selbst bist, die das macht – oder gibt es so was wie einen „Sog“ – und falls ja: machst du diesen Sog oder macht den dein Sohn (quasi „von der anderen Seite“)?
Wie lebendig fühlt sich dieser Stoffwechsel an? Welche Qualität hat er? Was bringt er dir? Vielleicht ist es ja wichtig für dich, da einzutauchen und immer wieder diesem „Nein. Im Moment nicht“ nachzuspüren. Vielleicht ist das ja deine Form, zu trauern – und irgendwann bist du durch und es ist gut.
Wie lebendig fühlen sich andere Stoffwechsel an, beispielsweise, wenn du mit anderen zusammen bist und „Pause“ machst? Wer oder Was stärkt dir den Rücken und gibt dir einen Boden?
kannst du mit deinem Sohn sprechen, Fragen stellen, eventuell auch Grenzen setzen, falls ein Sog von ihm kommen sollte?
vielleicht erinnerst du dich, dass wir auf einer gemeinsamen Autofahrt von Berlin nach MeckPom mal über eine Ahninnenfigur gesprochen haben (wir haben festgestellt, dass ich eine habe und du eine ganz ähnliche, die damals bei einer deiner Freundinnen deponiert war). Diese Ahninnenfigur ist laut Ute so was wie eine Wächterin, deren Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass die Lebenden nicht zu den Toten gehen und die Toten nicht zu den Lebenden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Ahnin da gut auf mich aufpasst ;-)
Dann mag ich dir noch zwei handfeste Erfahrungen mitteilen, die ich in den 12 Jahren gemacht habe, die ich jetzt schon in meiner Arbeit im Frauennotruf mit Frauen gemacht habe, die sich an dieser Grenze bewegen, an der du derzeit auch entlang wanderst:
Es gibt in diesem Stoffwechsel immer mindestens zwei innere Frauen/ Anteile: eine, die überlegt, zu gehen und eine die das nicht/noch nicht will. (Hast du ja auch so geschrieben). Beide haben ihre Gründe für das „Ja“ bzw. das „Nein“ – und BEIDE brauchen einen Raum, in dem sie sich ausbreiten können und angenommen fühlen. Aus deiner Mail habe ich den Eindruck: die, die gehen will, hat in dir sehr viel Raum – und das ist auch ok so. Aber gilt das auch für die, die nicht gehen will? Und, falls nein: wie könnte der Raum für diese innere Frau gestärkt und erweitert werden?
Und noch was ganz „Handfestes“ am Schluss: es gibt in diesem Zustand/ Stoffwechsel häufig das Gefühl: das geht nie vorbei, das wird jetzt ewig so weitergehen. Aber das tut es nicht. Glücklicherweise ist das Einzig wirklich sichere in unser aller Leben die Tatsache, dass sich alles immer verändert. Das gilt auch für das hier.
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Antwort 1
Danke für Deine Mail
oh, großes Gedicht
Danke für Deine Entscheidung zu Erreichbarkeit
Tod …..
Helio ….
was ich so denke …. :
……………… ich habe gelernt von Helio
dass der Tod groß ist
dass der Tod würdevoll ist und mächtig
dass er mit dem Leben ein Beziehung hat
eine Liebesbeziehung
ein sich gegenseitiges Bedingen
…………
irgendwie müssen wir lernen auf diesem Planeten
uns erinnern
lebendig werden im eigenen Körper ….
wach werden
und da nehmen wir unterschiedliche Rollen ein
tragen unterschiedliche Aufgaben in uns
……
ich trage Deinen Sohn in mir
als eine Erinnerung an
Schönheit, Mut, große Verzweiflung und große Sehnsucht
das ist gut für mich
Helio hat mein Wissen über Männer sehr bereichert – im Leben
und mein Wissen über Leben sehr bereichert – im Tod
…….
was ich denke …. über Dich ?
ich bin fassungslos … über den Umstand, dass Du Deinen Sohn verloren hast
Deinen Sohn als Körper, als sinnlich existierendes Wesen, dass mit Dir in einer sinnlich wahrnehmbaren Verbindung STAND
Vergangenheitsform
Endgültigkeit
…. ich kann diesen Schmerz nicht nachvollziehen ….
da ich nie eine Mutter war für ein reales Kind
aber meine Phantasie ist groß genug, um zu wissen, dass sich Dein ganzes Gleichgewicht verändert hat
dass Du in einer Situation bist, in der Du
aus der Bahn geworfen bist
und nichts mehr sich „normal“ anfühlt
immer dieser Schmerz
und jetzt die Frage,
ob es einen Sinn hat, diesen Schmerz zu ertragen ….
……
ja … liebe Iris
ich kann nachvollziehen, dass die Möglichkeit „Tod sein zu wollen“, „sich das Leben zu nehmen“, „in den Tod zu gehen“ eine reale Größe in Deinem Leben ist
ja
wie auch immer Du Dich entscheiden wirst
für das Leben …. oder für den Tod
es wird Deine Entscheidung sein
für Dich
du bist frei …. eine freie Frau … auf diesem Planeten, auf der Erde !!!
Ich freue mich, dass ich – in meiner Hilflosigkeit – was zu tun ist ….
lernen durfte und darf
zu experimentieren
…. was angemessen ist ….
wie eine eine andere wirklich unterstützen kann
ich danke Dir für Dein Vertrauen
für Deinen Mut …. Dich zu zeigen
ich habe Dich sehr lieb Du alte Jägerin !!!!
und bin – zum Beispiel heute und jetzt – da
und gerne da für Dich
Du bereicherst mich !!!
Du wilde, schöne Frau.
Tränen und Umherzen