„begnadete Zeit“

Begnadete Zeit
nenne ich in mir in die Tage, Wochen und Monate nach Helio´s Tot

Warum?

alles was das Leben oder mein Leben
unzufrieden, anstrengend, unausgeglichen macht
war weg
die Herausforderungen der zwischenmenschlichen Begegnung
Hierarchien, Konkurenzen, Neid, Missgunst, Ängste, Unsicherheiten
waren weg
die Herausforderungen des „normalen“ Alltags
waren weg
mein Partner trennte sich nach einem Monat von mir
ein erstes schmerzhaftes bemerken war ca ein halbes Jahr später

diese ganzen, oft belastenden menschlichen Alltagsgefühle/Gedanken
waren weg

zu vielen zwischenmenschlichen Fragen konnte ich nur zu Schultern zucken,
ich hatte keinen Gedanken, kein Gefühl dazu

aber auch die schönen Gefühle
die Freude über den Garten, den Sommer
waren weg
aber nicht immer!
ich konnte die Jahreszeiten oft sehen
die Sonne am Morgen
ich konnte die Natur, das Immerwährende in ihr oft sehen
und nach und nach auch wieder meinen Platz, für mein Leben in ihr spüren
meine eigene Daseinsberechtigung
sehr sehr zaghaft
sehr sehr langsam
spüren

schreiender, tobender Schmerz
Schuldgefühle/gedanken an seinen Tot
unendliche Fragen zu seinem Weg
gallige, verbitterte Gefühle über die Freundinnen, die Mitmenschen
bestimmten mein Inneres

Helio starb 9 Tage nach der Sommersonnwende 2013
zu dem Fest des Frühlingsbeginns 2014 war ich in einer Schwitzhütte und war vor allem gedanklich damit beschäftigt sie mit vorhergehenden zu vergleichen
lästig und unnötig waren diese Gedanken in mir

die begnadete Zeit, in der diese vielen die meisten Menschen, mich begleitenden, bestimmenden, anstrengenden Gedanken weg waren
diese begnadete Zeit begann sich zu verändern, ihre ersten Schritte in ihr Ende zu tun
die Erinnerungen an den schier unerträglichen Schmerz in mir
liegt beisammen mit der Erinnerung an das was ich
„begnadete Zeit“ nenne

ich hoffe und wünsche mir
das mir die Erinnerung daran helfen kann
wieder mehr in dem Zustand der
„begnadeten Zeit“ zu leben

enge Assoziationsketten

Assoziationsketten

enge Assioziationsketten begleiten dieser Tage
mein Innenleben und meinen Alltag

was ich damit meine?

ich sehe ein altes Fieberthermometer mit Quecksilberkugeln
und mein Inneres wird geflutet mit Erinnerungen an Helio´s erste Lebenstage, wo so ein alten Ding zu Bruch ging und ich Stress hatte, da ich nicht wusste wie gefährlich diese Kügelchen nun sind und wie ich die nur alle finden soll

und mit dieser Erinnerung
kommt der Schmerz des Wissens das mein Kind nicht mehr lebt
das mein Kind, mit dem diese Erinnerung verbunden ist,
nicht mehr lebt
und mein Schmerz, dieser riesen Schmerz schreit wach in mir

oder ich lese was über Wassermelonen
und in mir taucht das Bild von Helio in Marokko auf, wo er sich eine Wassermelone ganz sich für sich alleine wünschte und dann seinen Löffel in die Wassermelone versenkte

oder ich schlinge nach dem Haarewaschen mir das Handtuch zu einem Turban um die nassen Haare
und sehe Helio vor mir, mit dem Handtuchturban auf seinen nassen Haaren

und bin ich erst bei einem Bild der Erinnerung gelandet geht es weiter und weiter
mit Erinnerung und Schmerz

was tun frage ich mich seit Tagen?

und dachte an die app „Gong der Achtsamkeit“
die Welt ist voller Möglichkeiten der Assoziationsketten, der Erinnerungen
wenn es wieder geschieht, lasse ich in mir einen Gong der Achtsamkeit für diesen Moment meiner Erinnerung an die Bilder in mir und den Schmerz in mir, ertönen

gebe diesem Moment der Erinnerung und der Schmerzes warme Achtsamkeit

und genau in diesem Moment wo ich diese Zeilen schreibe, geschieht wieder eine Assoziotionskette in mir, flutet durch mich
innehalten, atmen, achtsamkeit, atmen, warten, geschehenlassen, üben, warten, atmen, spüren
weiterleben